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Apfelsorten per App erkennen - wird es das geben?
Für viele steht eine App fürs Handy, mit der sich anhand von Fotos Apfelsorten bestimmen lassen, weit oben auf der Wunschliste. Vorbild sind bekannte Apps wie z.B. FloraIncognita. Sie erkennen anhand verschiedener Fotos einer Pflanze die jeweilige Art. Seit 2020 arbeitet Silvia Krug vom Pomologen-Verein e.V. an einer Lösung für Apfelsorten, die einen ähnlichen Ansatz verfolgt. Das Projekt steht wegen der hohen Vielfalt vor Herausforderungen.
KI als Lösungsidee
Apps wie FloraIncognita liegen sogenannte KI-Modelle (Künstliche Intelligenz) zugrunde. Diese lernen aus Bildern und den dazugehörigen Artennamen autonom die Arten zu unterscheiden. Das Prinzip funktioniert grundsätzlich auch für Äpfel. Der Vorteil der KI ist dabei, dass sie nicht vergisst und nicht jede Saison neu lernen muss. Hat das Modell einmal gelernt, Sorten zu unterscheiden, kann es dies jederzeit tun.
Der Knackpunkt bei Apfelsorten sind zuverlässig bestimmte Sorten und eine ausreichende Anzahl Bilder je Sorte. Um die Sortenechtheit zu garantieren, nutzt Silvia Krug im Moment Äpfel aus dem Erhalternetzwerk und der Deutschen Genbank Obst (DGO), um den notwendigen Datenbestand aufzubauen. Seit 2020 fotografierte sie über 1.000 Äpfel.
Notwendige Grundlage - gute Bilder
Der Mensch erkennt Muster. Das kann auch KI. Allerdings sieht die KI andere Dinge als ein Mensch. Sie erkennt eher Kanten und Formen und keine pomologischen Merkmale im bekannten Sinne. In ersten Tests hat sich gezeigt, dass pro Sorte mindestens 100 Äpfel fotografiert werden müssen. Aktuell nutzt das Projektteam drei Ansichten je Apfel: die Kelch- und Stielseite sowie der pomologische Längsschnitt. Mit diesen Ansichten sind die meisten relevanten Merkmale erfasst. Allerdings lassen sich bestimmte Informationen z.B. zu Reifezeit, Textur und Geschmack nicht rein am Bild erkennen. Daher ist die erste zentrale Frage im Projekt im Moment: Wie gut ist eine rein bildbasierte App ohne diese Zusatzinformationen? Krug und ihr Team wollen später auch mögliche Varianten untersuchen.
Im Einsatz der KI ist außerdem zu beachten: Die angesprochene Variabilität einer Sorte ist abhängig von Standorten, klimatischen Bedingungen und Zustand des Baumes. Dies muss demnach Teil des Lernprozesses der KI sein. Nur wenn das Modell die verschiedenen Ausprägungen einer Sorte zur Verfügung hat, kann es daraus die relevanten Merkmale extrahieren. Das Team achtet daher bei der Sammlung der Äpfel nicht nur auf einen Standort, sondern bietet der KI möglichst eine Bandbreite.
Weiter Weg zur App
Aktuell verfügt das Projekt über ausreichend Bilder für ca. 40 Standardsorten. Die Anzahl möglicher Sorten ist jedoch weitaus größer. Außerdem gibt es regelrechte Gruppen von „Verwechslersorten“, die sich sehr ähnlich sind. Um mehr Sorten zu integrieren, ist der kontinuierlichen Ausbau der Bilddatenbank notwendig.
Parallel dazu testet das Projektteam die möglichen Grenzen des KI-Ansatzes gezielt aus. Welche Ansichten sind am besten geeignet? Wo müssen Kerne z.B. auf dem Fruchtfleisch platziert werden? Was passiert, wenn die Sortenanzahl steigt? Hier vermutet das Team, dass die Bestimmung – wie beim Pomologen – schwieriger wird, je mehr Sorten dazukommen. Für die KI ist dann die spannende Frage: Wie kann man das kompensieren? Durch mehr Bilder pro Sorte? Durch eine Konzentration auf typische Früchte und perfekte Bilder? Im Projekt versucht das Team diese Fragen schrittweise zu beantworten und startet demnächst einen gezielten Verwechslertest mit gelben Sorten.
Ziel ist eine App, die Antworten auf die folgende Fragen zu einem Apfel oder einer Serie von Äpfeln (3-5 wie bei einer Bestimmung) bietet:
- Welche Sorte kommt für eine Bilderserie in Frage?
- Welche anderen Sorten könnten es sein?
- Wie sicher ist die Erkennung?
Dabei soll die App grundsätzlich dem Vorgehen bei einer pomologischen Bestimmung folgen und die Bilder wie bei FloraIncognita nacheinander aufgenommen werden. Wichtig zur sicheren Erkennung ist, dass die Längsschnitte gut getroffen sein sollten, um alle Merkmale zu sehen. Daher ist eine solche App evtl. eher ein Hilfsmittel für Experten oder auch für weitere Interessierte wäre. Hier testet das Team, ob auch unperfekte Bildausschnitte ausreichend sind oder mehrere unterschiedliche Ansichten helfen.
Am Ende muss die App aber nicht nur Sorten erkennen. Sie unterscheidet auch Äpfel gegenüber anderen Objekten (z.B. Tomaten). Andere Fragen betreffen den Umgang mit fehlenden Ansichten oder Sorten, die bisher nicht gelernt wurden. Für alle diese Punkte gibt es Lösungsansätze. Momentan liegt der Fokus jedoch auf dem KI-Modell, dass die Bestimmung ermöglicht. Bis zur fertigen App wird es also noch etwas dauern.
Wie kann man das Projekt unterstützen?
Für die Weiterentwicklung der KI zur Erkennung von Apfelsorten sucht das Projektteam Fotografinnen und Fotografen. Sie machen in der kommenden Saison Fotos von Äpfeln und stellen diese dem Projektteam zur Verfügung. Da das Ziel eine Handy-App ist, reichen auch Handyfotos und es ist keine Studioausrüstung notwendig. Der Fokus liegt zunächst auf sortenecht bestimmten Äpfeln, z.B. aus dem Erhalternetzwerk oder den DGO-Sammlungen. Wer Fotos machen möchte, aber selbst keine Äpfel hat, kann trotzdem helfen. Einen Leitfaden mit Infos über die benötigten Bilder und geeigneten Kameras sowie dem Datenaustausch stellen Silvia Krug und ihr Team gerne zur Verfügung.
Das Projektteam freut sich über die Mithilfe! Jeder fotografierte Apfel hilft hier weiter. Also wer z.B. 10 Äpfel zum Kuchen backen fotografiert, hilft dem Projekt. Es müssen nicht hunderte Äpfel sein
Kontakt: Silvia Krug,silvik84@yahoo.de
Quellen: Krug et al. https://doi.org/10.3390/agriengineering5020050 Lizenz: CC BY 4.0