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Forschung: Diese Sorte kennen echte Württemberger:innen
„Wer den Luiken nicht kennt, ist kein echter Württemberger“, so der Pomologe Herr Metzger. Denn vor rund 150 Jahren war der Luikenapfel der meistverbreitete Apfel in Württemberg. Dieser Apfel der Superlative erhält heute in der Forschung wieder die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt.
Forschung in Kooperation am Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee
Die Sortenerhaltungszentrale Baden-Württemberg am Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit Luikensorten und hat mehrere davon in ihre Erhaltungssammlung integriert und pomologisch bearbeitet. Eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Landesgruppe Baden-Württemberg des Pomologenvereins untersucht aktuell bestehende Fragen bezüglich der Sortenechtheit innerhalb dieser vielfältigen Sortengruppe. In einer Zusammenarbeit von KOB, der Arbeitsgruppe des Pomologenvereins und unterstützt durch die Fachberatung des Landkreises Reutlingen klären die Partner nun Unsicherheiten, die bei der pomologischen Zuordnung einiger Sorten bestehen.
Ein Superstar aus alten Zeiten
Der Luikenapfel nahm von etwa 1800 bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine herausragende Stellung in den Apfelsortimenten des historischen Württembergs ein. Der Pomologe Metzger beschreibt, dass zwei Drittel aller Obstbäume im Umland von Stuttgart (Esslingen, Plattenhardt, Fildern) Luikenäpfel seien. Der Pomologe Lucas (1854) hielt es für wahrscheinlich, dass ein Viertel aller gepflanzten Bäume Württembergs diese Sorte trägt und deren Erträge wesentlich die Preise auf den Obstmärkten beeinflusst. Einem so hohen Anbauwert mussten besondere Sorteneigenschaften zugrunde liegen: hohe Erträge, das gesunde und kräftige Wachstum, die besondere Eignung als Mostapfel, der durch die späte Blüte geringe Einfluss von Spätfrösten und die ausgesprochene Regenerationsfähigkeit der Sorte (Naturverjüngung). Sorten mit solch herausragenden Eigenschaften forderten auch damals schon das Züchtungsinteresse heraus und es ist sehr wahrscheinlich, dass aus dem „Luikenapfel“ zahlreiche Sämlinge nachgezogen, vermehrt und verbreitet wurden und zu der Ausdifferenzierung dieser Sortengruppe beigetragen hat.
Wer gehört zu wem? Verwandtschaftsverhältnisse der Luiken
Im Fokus des über mehrere Jahre angelegten Projektes stehen folgende Fragen: Welche Sorten sind gegenüber dem Luikenapfel eigenständig? Wie bzw. wie eng stimmen sie genetisch mit diesem überein und in welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen sie untereinander und zum Luikenapfel selbst? Dazu untersuchen die Projektpartner Fruchtproben sowohl pomologisch (phänotypisch) als auch genetisch (genotypisch). Die genetische Untersuchung umfasst eine Analyse auf Eigenständigkeit und eine Analyse auf Verwandtschaftsverhältnisse.
Insgesamt zeigen sich 15 Sorten/Typen als eigenständig gegenüber dem Luikenapfel, drei Herkünfte als identisch mit dem Luikenapfel und vier weitere wurden anderen Sorten zugeordnet. Es ergaben sich für die vier Sorten „Ginger Luiken“, „Lettenluiken“, „Stauferluiken“ und „Fetzerapfel“ ein Eltern-Tochter-Verhältnis zu „Luikenapfel“. Bei neun Sorten und einem unbekannten Luikentyp stellten die Sortenexperten keine direkte Verwandtschaft zum Luikenapfel fest.
Wir danken Matthias Braun herzlichst für seine fachliche Unterstützung bei diesem Artikel.
Weitere Informationen:
- Newsletter der Sortenerhaltungszentrale Baden-Württemberg (8/2022) (pdf)
- Auszug aus dem Jahresheft 2020 des Pomologen-Vereins (pdf)
Foto: Matthias Braun; Bekannter Luiken-Veteran, rund 100 Jahre alt.