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Hermann Popp: Gewachsene Unikate mit drechslerischen Akzenten
Streuobst ist eine Kunst, Kulturerbe und Kulturlandschaft in einem. Das Obst, die hohe Artenvielfalt aber auch die Streuobstkultur begeistern viele. Wir stellen in unserer Reihe Kunstschaffende vor, die einen neuen Zugang zu Streuobst bieten. Diesmal: der Drechsler Hermann Popp aus dem Taubertal (nördliches Baden-Württemberg) bringt sich selbst das Drechseln bei und stellt aus dem Holz von Streuobstbäume Alltags- und Kunstgegenstände her.
Vom Baum zum Kunstwerk: Drechselkunst
Schon seit früher Kindheit stellt Hermann Popp Kunstwerke aus Holz und von Streuobstwiesenbäumen her. Er erkennt, dass bereits in dem Holz aus dem Baumschnitt Kunstwerke zu sehen sind, noch viel mehr jedoch in den Stämmen. Seine Handwerkskunst ist das Drechseln. Mit 15 Jahren, nach dem Tod des Vaters, übernimmt der dessen Werkstatt und entwickelt seine Fähigkeiten autodidaktisch weiter. Seine hauptberufliche Arbeit im Verwaltungsrecht und Bausparkassenwesen („interessante Bürotätigkeiten“) suchten einen Ausgleich. Diesen findet er in seiner Werkstatt und auf den Wiesen. Er liebt es den Erfolg zu sehen und anzufassen.
Das Besondere von Holz aus Streuobstwiesen
Die Grundlage von Hermann Popps Drechselarbeit ist Holz von Streuobstbäumen. Streuobstwiesen weisen eine Vielzahl an verschiedenen Obstarten, aber auch Nussbäumen auf. Hermann Popp ist von dieser Vielfalt begeistert. Das heimische farbenfrohe Pflaumenholz ist für ihn ein wahres Feuerwerk an Farben - von gelb, braun, rot und bläulich geflammt. Das Holz des Kirschbaums ist besonders warm, das des Nussbaums im Kern besonders dunkel, das der Birne ruhig strukturiert, das vom Apfelbaum sehr lebhaft. Der Drechsler staunt bei seiner Arbeit selbst immer wieder über das Innere der Bäume. Das warme Holz des Kirschbaumes, der dunkle Kern des Nussbaumes, das ruhig strukturierte Holz der Birne und das lebhaft gestaltete Holz vom Apfelbaum. Das Innere der Bäume sichtbar lässt staunen. Wenn er ein Kunstwerk oder Gegenstand herstellt, lässt er sich daher von der Struktur des Holzes leiten.
Ist es Kunst oder Handwerk?
Hermann Popp beschreibt seine Kunstobjekte als gewachsene Unikate mit drechslerischen Akzenten. Aus seinen Händen entsteht Nützliches und Dekoratives. Aber ist das nun Kunst oder Handwerk? Darauf antwortet der Drechsler so „Handwerk ist für mich das Wissen und Können etwas Gegenständliches zum Alltagsgebrauch herzustellen, z.B. in Berufen wie Heizungsbauer oder Schreiner. Kunst ist das nächste Level. Sie ist handwerkliches Geschick mit Botschaften an den Betrachter.“
Botschaften an die Betrachterinnen und Betrachter
Das Objekt „Vom Leiden und Sterben der Streuobstwiese“ ist eine seiner Lieblingsmotive. Die Skulptur zeigt den gekreuzigten Jesu in einer Apfelbaumruine und ist von großer Symbolkraft. Das Sterben vieler Streuobstwiesen ist eine schmerzliche Feststellung. Der Glaube an eine Auferstehung lässt auf eine gute Zukunft hoffen.
Auch das Objekt „Fee aus dem Apfelbaum“ mag er sehr gerne und ist wie er sagt „für alle geeignet, die erotische Kunst mögen“. Ein natürlich geformter Astabschnitt zeigt ein formbetontes weibliches Wesen. Dieses bereits bestehende Unikat vollendet der Drechsler mit drei Gestaltungselementen.
Mit der Kunst Geld verdienen?
Die Freude am Drechseln und Gestalten steht für Hermann Popp im Vordergrund. Sie erfüllt ihn ebenso wie eine reiche Obsternte. In Schnupperkursen gibt er sein Wissen und die Freude über das Drechseln an Menschen im Schul- bis hin zu Rentenalter weiter. Seine Kunstwerke verkauft auf Messen, Landesgartenschauen oder auf Präsentationen bei Obst- und Kunstvereinen oder Kommunen an Menschen, die Unikate aus natürlich gewachsenen Obstwiesen schätzen. Mit dem verdienten Geld kauft er neues Drechselwerkzeug und setzt sie für neue Bäume und die Pflege seiner Wiesen ein.
Praktiker und Gastgeber in der Werkstatt und auf der Wiese
Hermann Popp (Jahrgang 1956) lebt im lieblichen Taubertal (nördliches Baden-Württemberg. Schon als Jugendlicher hat er sich in der Drechslerwerkstatt seines Vaters das alte Handwerk selbst beigebracht. Er bewirtschaftet selbst drei ha Obstwiesen im lieblichen Taubertal. Dort pflegt er junge und alte Bäume mit Apfelsorten aus drei Kontinenten und Sorten aus neun Jahrhunderten. Ein Teil der Bäume stammt noch von seinem eigenen Großvater. Popp ist von seinem generationenübergreifenden Erbe begeistert: „Für meine Enkel sind es schon Bäume von ihrem Ur-ur-Großvater“. Neben seinen eigenen Wiesen setzt er sich ehrenamtlichen an vielen Fronten für Streuobst ein. Er hat z.B. eine Selbsthilfegruppe „kleiner Streuobstbauern“ auf die Beine gestellt. Sie helfen sich gegenseitig bei Fragen rund um Förderung und Umgang mit Behörden sowie zur Bewirtschaftung. Auch mit Schulen und Kindergärten arbeitet er zusammen und bietet Blütenbaden sowie seine Obstwiese als Eventlocation (z.B. für Hochzeiten an.
Er freut sich auch über Austausch mit anderen Streuobstbewirtschaftern und Künstlerinnen (Kontakt gerne per Mail: hermannpopp1@t-online.de)