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Schwarzer Rindenbrand an Kernobst: Was hilft gestressten Bäumen?
Der Klimawandel führt zu zunehmender Trockenheit und Hitzetagen. Davon profitiert Diploida, eine Pilzart, die den Schwarzen Rindenbrand verursacht. Seit 2020 bearbeitet das Landwirtschaftliche Technologie Zentrum Augustenberg (LTZ) ein Forschungsvorhaben zum Schwarzen Rindenbrand an Kernobst. Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg fördert das Vorhaben unter Leitung von Dr. Jan Hinrichs-Berger. In diesem Artikel beschreibt das Forschungsteam die bisherigen Erkenntnisse zu Symptomen und Abwehrmaßnahmen.
„Schwarzer Tod“ in Obstwiesen und -anlagen
Bekannt ist der Schwarze Rindenbrand an Kernobst schon lange. Diplodia trat bereits im 20. Jahrhundert sporadisch an Einzelbäumen (Abb. 1) auf Streuobstwiesen in Erscheinung. Obstkenner beobachteten die Symptome an den Kernobst-Gattungen Apfel, Birne, Quitte und Mehlbeere. Der heiße und trockene Sommer 2003 ermöglichte bzw. begünstigte einen starken Ausbruch des Schaderregers in Streuobstwiesen. In den Folgejahren bis 2006 führte der Schwarze Rindenbrand in den Hitzeregionen Baden-Württembergs und Hessens zu hohen Baumausfällen. Danach beruhigte sich die Lage im Streuobstbereich. Nach dem Sommer 2018 rückte der Schadorganismus wieder massiv in den Vordergrund. Enorme Schäden führten zu Rodungen von einzelnen Bäumen im Streuobstbereich und von ganzen Anlagen im Bio-Erwerbsobstanbau. In bundesweiten Erhebungen zeigte sich, dass der Schwarze Rindenbrand des Kernobstes in fast allen Bundesländern zu finden war, wobei der Schwerpunkt in den tendenziell wärmeren Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Sachsen, Thüringen) lag.
Gestresste Bäume sind gefährdet
Pilzen aus der Gattung Diplodia rufen den Schwarzen Rindenbrand des Kernobstes hervor. Dabei handelt es sich um eine sehr artenreiche Gattung. Forscherinnen und Forscher beschreiben weltweit mehr als 1.200 Arten aus ganz unterschiedlichen Pflanzenordnungen. Allein an Apfel wiesen sie in Deutschland bereits sechs Arten nach. Die am Kernobst auftretenden Arten scheinen sich nach bisherigem Kenntnisstand in ihrer Biologie, der Symptomausprägung und den Bekämpfungsmöglichkeiten nicht grundlegend zu unterscheiden. Alle Arten benötigen für Infektionen zwingend eine Nässephase und das Vorhandensein von Verletzungen. Somit schützt eine intakte Rinde bzw. Borke vor einem Befall. Schwarzer Rindenbrand ist keine aggressive Erkrankung, sondern tritt parasitär nur bei gestressten und geschädigten Bäumen auf. Diplodia ist außerdem kein bodenbürtiger Pilz, d.h. er ist im Boden nicht (über-)lebensfähig.
Wie erkenne ich Diplodia? Stamm und Äste
Häufig verläuft die Diplodia-Infektion zunächst symptomlos und kommt erst bei Stressphasen des Baumes zum Ausbruch. Trockenheit, Hitze und Nährstoffmangel begünstigen einen Befall. Hohe Temperaturen von 25 – 30 °C führen zu einer schnellen Entwicklung des Pilzes. Den Befall mit dem Schwarzen Rindenbrand stellen Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter meist erst beim Baumschnitt oder der Ernte fest. Große Bereiche an Stamm und Ästen sind pechschwarz verfärbt und erzeugen den Eindruck, als wäre der Baum einem Feuer ausgesetzt gewesen (Abb. 1). Die ersten Krankheitsanzeichen fallen dagegen kaum auf: So verfärben sich Wachstums-, Frost-, Spannungsrisse (Abb. 2) und andere Schädigungen wie Sonnenbrand und Anfahrschäden dunkel bis schwarz. Löst man die Rinde in der Nähe des schwarz verfärbten Bereichs ab, wird eine Schädigung des Kambiums ersichtlich: Es ist bräunlich verfärbt und somit tot (Abb. 3).
Wie erkenne ich Diplodia? Luftwurzeln
Eine weitere Eintrittspforte für den Schaderreger sind Luftwurzelfelder (Adventivwurzeln). Die Apfelsorten „Topaz“ oder „Pirouette Rubinstep“ neigen sehr stark zu dieser Luftwurzelbildung. Verfärben sich diese schwarz und erstreckt sich diese Verfärbung über das Luftwurzelfeld hinaus, deutet dies auf einen Befall mit dem Schwarzen Rindenbrand hin. Im weiteren Krankheitsverlauf sinkt die Rinde leicht ein und es entwickeln sich Fruchtkörper (Pyknidien) des Pilzes. Diese Pyknidien brechen durch die Rinde, um bei Vorliegen von Feuchtigkeit ihre Sporen (Konidien) zu entlassen. Dadurch erhält die schwarz verfärbte, leicht eingesunkene Rinde eine warzige Erscheinung. Häufig wird der Rindenbrand (Canker) mit zunehmendem Alter sekundär von anderen Pilzen wie dem Spaltblättling (Schizophyllum commune) besiedelt. Vor allem bei älteren Cankern löst sich die Rinde ab. Der Holzkörper des Stamms bzw. des Astes wird sichtbar. Dieser ist ebenfalls dunkelbraun bis schwarz verfärbt und weist oft eine würfelartig eingerissene Struktur auf. Eine Überwallung findet nicht statt. Bei einem Querschnitt durch das Holz ist eine sogenannte Braunfäule zu erkennen.
Wie erkenne ich Diplodia? Früchte und Blätter
Diplodia-Symptome treten auch an Blättern und Früchten auf, häufig ist ein Fruchtbefall. An Früchten, die in die Abreife übergehen, kommt es im Bereich von kleinen Verletzungen zur Braunfäule. Unter der Fruchtschale entwickeln sich innerhalb der Fäule Pyknidien, die als kleine schwarze Punkte sichtbar sind. Schließlich fault die Frucht vollständig und verbleibt als Mumie im Baum hängen. Diese Fruchtmumien bilden neben den Diplodia-Cankern im Frühjahr ein großes „Sporenreservoir“. Blattsymptome sind sehr selten. In diesem Fall bilden sich braune rundliche Flecken. Sie grenzen sich zum gesunden (grünen) Blattgewebe deutlich ab und enthalten kleine schwarze Fruchtkörper.
Was hilft gesichert gegen den Schwarzen Rindenbrand?
Standortwahl
Die bisherigen Erhebungen im Forschungsprojekt des LTZ zeigen, dass der Standort der wichtigste Faktor für das Auftreten des Schwarzen Rindenbrandes ist. Flachgründige, heiße und trockene Lagen, vor allem an Südhängen ohne ausreichende Wasserversorgung waren besonders betroffen. Weiterhin stellten die Forscherinnen und Forscher einen höheren Befall an Standorten ohne oder mit geringer Nährstoffversorgung.
Unterlagen- und Sortenwahl
Der zweite wichtige Faktor ist die Unterlagen- und Sortenwahl. Unterlagen (z. B. MM111 und A2) mit gutem Wasseraneignungsvermögen und Trockenheitstoleranz sind sinnvoll. Auch verschiedene Sorten im Streu- und Mostobstanbau zeigten im Forschungsprojekt eine unterschiedliche Anfälligkeit gegenüber dem Schwarzen Rindenbrand (Tabelle 1). Für den Erwerbsobstbau laufen die entsprechenden Erhebungen noch. Festzuhalten bleibt jedoch, dass Diplodia auch die widerstandsfähigen Sorten befällt, wenn auch in einem deutlich geringeren Ausmaß als anfällige Sorten.
Widerstandsfähige Sorten | Anfällige Sorten |
Brettacher | Glockenapfel |
Winterrambur | Hauxapfel |
Bittenfelder | Gewürzluike |
Bohnapfel | Topaz |
Delia | Gehrers Rambur |
Enterprise | Kardinal Bea |
Primera | |
Rewena | |
Jakob Label |
Tabelle 1: Für den Schwarzen Rindenbrand relativ widerstandsfähige und relativ anfällige Apfelsorten
Potenzial von Schutzanstrichen, Ausschneiden und Häckseln von Pflanzmaterial?
Neben den Adventivwurzelfeldern sind Risse, Frostplatten und Sonnenbrandschäden auf der Rinde bevorzugte Eintrittspforten für Diplodia. Daher prüft das LTZ derzeit in Feldversuchen verschiedene Weißelprodukte und Stammschutzanstriche. Sie reduzieren die Gefahr von Frostrissen und Sonnenbrand. Diese Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Schon jetzt ist jedoch abzusehen, dass die Anstriche den Befall mit dem Schwarzen Rindenbrand nicht grundlegend reduzieren.
Das Ausschneiden von Befallsstellen und die Behandlung der dabei entstehenden Wunden ist für wertvolle Einzelbäume eine sinnvolle Maßnahme. Sie ist jedoch sehr arbeits- und zeitaufwendig. Das LTZ empfiehlt derzeit, nur in der Zeit von Mai bis Juli auszuschneiden, bei Bäumen die wüchsig sind und nicht zu Luftwurzelbildung neigen. Wichtig ist dabei ein sauberer Schnitt am Wundrand, um die Kallusbildung anzuregen. Anschließend erfolgt ein Ausbrennen der Wunde (Kauterisation) oder eine Wundversorgung mit einem Lehmverband. Die Forscherinnen und Forscher sind derzeit noch nicht in der Lage, diese Maßnahme abschließend zu bewerten. Aus Sicht des Projekts ist sie jedoch einen Versuch wert, um eine vorzeitige Rodung von Bäumen zu vermeiden.
Weiterhin wird untersucht, ob befallenes Pflanzenmaterial in der Anlage als Häcksel- und Mulchmaterial verbleiben kann oder aus der Anlage entfernt werden sollte. Hier hat sich gezeigt, dass der Pilz in befallenem Pflanzmaterial selbst 18 Monate nach dem Häckseln infektiöse Sporen bildet. Inwieweit diese Sporen in der Lage sind, Bäume unter Praxisbedingungen zu infizieren, prüft das Forschungsteam derzeit.
Weitere Informationen
https://ltz.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Kulturpflanzen/Schwarzer+Rindenbrand
Homepage LTZ Schwarzer Rindenbrand
Merkblatt Schwarzer Rindenbrand
oder per Mail/Telefon
Michael Nagel
Michael.Nagel@ltz.bwl.de
Tel.: 0721/9468-3099
Dr. Jan Hinrichs-Berger
E-Mail: Jan.Hinrichs-Berger@ltz.bwl.de
Tel.: 0721/9468-428