Neue Wertschätzung
Wie viel ist ein Stück einzigartige Natur wert? Das Konzept der Ökosystemleistungen misst und berechnet das und zeigt, dass Streuobstwiesen auch aus rationalen, rein ökonomischen Überlegungen erhaltenswert sind.

Was leistet die Natur für Dich?
Der wissenschaftliche Ansatz der Ökosystemleistungen erfasst die Leistungen der Natur – und von Naturräumen wie Streuobstwiesen – für uns Menschen. Dazu zählen unter anderem Beiträge von Streuobstwiesen zum Erhalt der Artenvielfalt, zu sauberer Luft und sauberem Trinkwasser, der Erzeugung hochwertiger Lebensmittel oder der Bereitstellung eines attraktiven (Nah-)Erholungsraums.
Das ist ein anthropozentrischer Ansatz – stellt also den Menschen in den Mittelpunkt. Eine Kritik an dieser Methode ist, dass dadurch der Wert der „Natur an sich“ vernachlässigt wird. Andererseits machen die Ökosystemleistungen sehr deutlich, warum wir die Natur und ihre „Leistungen“ unbedingt erhalten müssen. Wenn wir den Ökosystemleistungen Werte geben wird deutlich, dass Natur nicht nur einen subjektiven emotionalen Wert hat sondern dass deren Schutz auch aus rein wirtschaftlicher Sicht Sinn ergibt.
Was sind Ökosystemleistungen?
Das Konzept der Ökosystemleistungen wurde 2005 erstmals durch das von den vereinten Nationen initiierte Millenium Ecosystem Assessment vorgestellt. Ökosystemleistungen machen den vielfältigen Nutzen, den Menschen aus Ökosystemen ziehen sichtbar. Dieses Konzept nutzen viele inzwischen um zu zeigen, wie wichtig menschgemachten Kulturlandschaften sind. Auch Streuobstwiesen sind eine Kulturlandschaft, also menschengemacht. Sie bestehen nur fort, wenn engagierte Menschen sie nutzen, pflegen und bewirtschaften. Ohne (positiven) menschlichen Eingriff keine Kulturlandschaft.
Die unten dargestellte Abbildung veranschaulicht, wie sich Ökosystemleistungen auf das menschliche Wohlbefinden auswirken. Gehen die Ökosystemleistungen zurück, wirkt es sich negativ auf das menschliche Wohlbefinden und den Zustand der Gesellschaft aus.
Es gibt vier Kategorien von Ökosystemleistungen: Versorgungs-, Regulierungs- und kulturelle Leistungen.
Warum interessieren uns die Ökosystemleistungen von Streuobst?
Das Konzept der Ökosystemleistungen wandten Forscherinnen und Forscher in der Vergangenheit hauptsächlich auf ursprüngliche Natur und Landschaften an. Für von menschlicher Nutzung geprägte europäische Kulturlandschaften erfolgte die Anwendung bisher kaum. Obwohl Mitteleuropa von einer Vielzahl an verschiedenen Kulturlandschaften geprägt ist.
Über eine jahrhundertelange Besiedlungs- und Nutzungsgeschichte formten sich unsere heutigen Kulturlandschaften. Sie weisen besondere soziale und ökologische Werte auf. Viele Menschen schätzen Heidelandschaften, Wälder, Weinbaulandschaften, Moore und Streuobstlandschaften auch wegen ihrer ästhetischen Werte. Aber: viele dieser traditionellen Bewirtschaftungsformen bedeuten harte Arbeit. Sie sind deshalb oft wirtschaftlich unrentabe - zumindest dann, wenn wir als Messgröße nur den Erlös durch die produzierten Lebensmittel oder Produkte ansetzen.
Durch intensive Landnutzung sehen sich traditionelle Kulturlandschaften einem enormen Veränderungsdruck ausgesetzt. Die die Gesamtfläche dieser Kulturlandschaften geht stark zurück. Der Verlust der Moore, Streuobstwiesen oder Heidelandschaften führt auch zu einem Rückgang der durch sie bereitgestellten Ökosystemleistungen. So gehen z.B. Arten verloren und das schöne Landschaftsbild verschwindet mehr und mehr.
Welche konkreten Leistungen erbringen Streuobstwiesen?
MEHR ALS 4 MILLIARDEN EURO
Das ist der monetäre Gegenwert der vielfältigen Leistungen, die Streuobstwiesen als Ökosysteme allein in Deutschland für die Gesellschaft erbringen.
UNBEZAHLBAR!
Streuobstwiesen leisten für dich: z.B. leckere Produkte, sauberes Wasser, frische Luft, der Erhalt seltener Tiere und Pflanzen, gesunde Böden, schöne Landschaften und gutes Klima
NULL PESTIZIDE
Streuobst wird i.d.R. nicht mit Pestiziden behandelt – auch nicht mit Bio-Pflanzenschutzmitteln.
TAUSENDFACH KURZSTRECKE
Der Konsum von Apfelsaft und Tafeläpfeln in Deutschland könnte zu 100% aus heimischem Streuobst gedeckt werden.
100% REGIONAL
Streuobstwiesen und die Hersteller von Produkten aus Streuobst sind überall in Deutschland zu finden – und sorgen damit meist direkt vor Ort für echt regionalen Genuss.
MAXIMALE VIELFALT
Streuobstwiesen sind mit über 5.000, teilweise vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten die Kulturlandschaft in Deutschland mit der höchsten Biodiversität.
UNENDLICHER GESCHMACK
Aus über 6.000 alten, traditionellen Apfel-, Birnen- oder Quittensorten entstehen Tafelobst, Säfte, Schorlen, Marmeladen, Cidre, Secco, Brände, Trockenobst und vieles, vieles mehr
DOPPELTER KLIMASCHUTZ
Streuobstwiesen speichern CO2 und produzieren im Sommer Kaltluft
GESUND
Alte, traditionelle Apfelsorten können häufig von Apfelallergikern gegessen werden und wirken desensibilisierend. Außerdem wirkt das „Anbringen einer Streuobstlandschaft auf der Netzhaut“ beruhigend und führt oft zur Senkung von Blutdruck und Puls
Wie nutzen wir das Wissen?
Mehr Bewusstsein, was uns intakte Ökosystem liefern - das ist das Ziel des Ökosystemleistungskonzepts. Ökosystemleistungen und deren Sichtbarkeit sind ein wichtiges Instrument zur Erhöhung der Wertschätzung von Streuobstwiesen und ein schlagkräftiges Argument für Maßnahmen, um diese zu erhalten.
Um Ökosystemleistungen auch in Zukunft zu erhalten, ist die quantitative Analyse, Kartierung und Modellierung von ÖSL ein wichtiges Instrument. Die auf diese Weise gewonnenen Daten und Informationen liefern die Basis für nachhaltige Landnutzungsentscheidungen.
Um das Wissen über die Ökosystemleistungen von Streuobst zu nutzen, um zum Erhalt der Kulturlandschaft beizutragen, arbeiten wir von Hochstamm Deutschland im Moment an verschiedenen Baustellen:
- Multifunktionalität und Wert der Streuobstbestände erfassen und sichtbar machen
- ÖSL von Streuobst innerhalb der Wertschöpfungskette darstellen und sichtbar machen
- Kommodifizierung von ÖSL als Finanzierungsinstrument für Streuobst analysieren und praxisfähig machen
Auszug Literaturhinweise
PLIENINGER, T.; BIELING, C.; GERDES, H.; OHNESORGE, B.; SCHAICH, H.; SCHLEYER, C.; TROMMLER, K.; WOLFF, F. (2010):
Ökosystemleistungen in Kulturlandschaften. Stuttgart: W. Kohlhammer.
PLIENINGER, T.; BIELING, C.; GERDES, H.; OHNESORGE, B.; SCHAICH, H.; SCHLEYER, C.; TROMMLER, K.; WOLFF, F. (2013):
II-9 Ökosystemleistungen und Naturschutz.
NACHWUCHSGRUPPE ÖKOSYSTEMLEISTUNGEN (2013): Ökosystemleistungen. Landnutzung, Lebensqualität und marktbasierte in land- und forstwirtschaftlich genutzten Kulturlandschaften. Berlin: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften."